Damals als die Hoffnung starb

 

Ich habe eine, mit der ich mein Herz teile.

 

Deren Herz wurde gebrochen, mitten in dieser Passionswoche.
Grausam und stumm, eine Todesnachricht. Dem Leben ist in einem Augenblick die Leichtigkeit genommen und die Seele trägt schwarz.
Und weil wir beide uns nah sind und gewohnt, unser Herz zu teilen, schmerzt auch das meine, wenn das ihre zu Bruch geht. Ihre Tränen stehen auch in meinen Augen. Wir hatten doch gemeinsam gehofft.

 

Und so gehen wir beide durch diese Tage. Die Tage des Erinnerns. Wir spüren Brot und Wein auf der Zunge und fragen uns, wie das damals wohl gewesen ist, dieses Abendessen mit den engsten Freunden unter schweren Vorzeichen. Ein bedeutungsschwerer Kelch blutroten Weines geht durch die Runde der Vertrauten. Abschiedsreden. Der Todesengel in der Tischgemeinschaft.

Ach, das Leben spielt manchmal so anders als erhofft. Und ja, ich verstehe euch so gut, ihr Jünger, dass ihr Jesus den Mund verbieten wollt, wenn ihn die Todesahnung packt. Man wünscht dem besten Freund doch nichts als Gutes. Will ihn schützen vor allem Bösen. Unsere Fantasie malt hoffnungsfrohe Zukunfts-Bilder für die, die wir lieben. Man hat sich so viel erhofft, geträumt, so viele Pläne gemacht.
Und kein einziger Plan sieht in seinen kühnsten Träumen vor, wie der Freund in Fesseln abgeführt wird. Hilflos ausgeliefert ist.
Bespuckt, blutüberströmt unter der Last des Kreuzes zusammenbricht. Festgenagelt dem Todesurteil nicht mehr entkommen kann.

Und als ihm das Herz bricht, da stirbt auch eure Hoffnung, ihr Jünger. Mittags um 3. Über ihm und euren Seelen bricht die Nacht herein. Und es bleibt finster, drei quälend lange Tage. Kein Lichtschein dringt in die Grabkammer. Die Totenstarre lässt euch verstummen.

Er, Jesus, bat euch, das alles mit ihm auszuhalten. Mutete euch seine Todesangst, den Anblick seines zerschundenen Körpers am Kreuz, jeden Schmerzensschrei und seinen entsetzlichen Todeskampf zu. Und drei Tage verzweifelter Trauer. Ohne jeglichen Hoffnungsschimmer.

 

Ach, das Leben spielt manchmal so anders als erhofft. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Aber manchmal stirbt sie und ist für endlose Tage totenstill im Grab. Und wenn mich eine  bittet, mit der ich mein Herz teile, die Totenwache mit auszuhalten, dann will ich es mir zumuten.

Auch wenn sich keine schnelle Hilfe und kein Trostpflaster findet. Und in mir die bange Frage hallt: Werden wir eines dritten Tages die Kraft finden, den Stein der Hoffnungslosigkeit, den Koloss auf unserer Seele zur Seite zu schieben?

 

Und dann graut der Ostermorgen. Für mich und die, mit der ich mein Herz teile. Wir reichen einander den Kelch der Erinnerung, der heute dem Tod ins Gesicht lacht. Trotzig, mitten in all unserem Herzschmerz. Denn wir erahnen es: All unsere Tode, die uns so sehr schrecken, sie sind verschlungen in seinen großen Sieg.

 

Lass uns die Grabtücher falten. Die Hoffnung atmet wieder.

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