Sag mal, wusstest Du eigentlich, warum Flamingos rosa sind?
Neulich las ich mal beim Zahnarzt aus Langweile alle Details darüber. Flamingos fressen Krebse, die spezielle Carotinoide enthalten. Das gibt dann hellrosa Gefieder.
Was nervt ist, dass man sich solche irrelevanten Informationen leider immer besser merken kann als das Passwort zum Online Banking. Dabei eignet sich diese Art Angeberwissen lediglich, um es irgendwann mal in eine Runde Zuhörer zu werfen, von der man hofft, dass sie genau das schon immer wissen wollten.
Aber ich schweife ab. Was ich eigentlich sagen wollte ist, dass mich diese irrelevante Information doch irgendwie zum Nachsinnen brachte: Man sieht also dem Flamingo schon von Weitem an, was es gestern zum Abendbrot gab. Ursprünglich schlüpfte es mal als schneeweißes Baby aus dem Ei und wurde erst als rosa Flamingo erkenntlich, als Mama genügend Flusskrebse-Eintopf herbeischleppte.
Auch ich begann als unbeschriebenes Blatt. Unschuldig, mit schneeweißer Seele und reinem Gewissen. Meine Mutter achtete auf gesunde Ernährung. Und gleichzeitig weiß ich, der Mensch lebt nicht vom Brot allein und womit ich heute Herz und Seele füttere, das werde ich. Was das Innere ausfüllt, das bin ich.
Und so nutze ich die Wartezeit für einen Blick auf den Speiseplan. Bei wem setzt sich die Seele zu Tisch? Ist das, was meinem Innenleben auf den Teller gehäuft wird Fastfood, unerkenntlich aus welcher Quelle es einmal gefischt wurde? Was konsumieren die Ohren, verschlingen meine Augen und wonach hungert das Herz? Und lässt dieses mein Seelenfutter mich am Ende des Tages hell leuchten, macht mich farbenfroh und bunt? Oder gehe ich aufgrund seelischer Mangelernährung mit grauem Gefieder irgendwann in der Masse unter?
Und sag mal, wusstest Du, dass Flamingo-Familien nur überleben, wenn die Männchen ein strahlend pinkes Gefieder haben? Rosa ist die Farbe ihrer Liebe. Die Weibchen mögen die Blassen nicht, die Milchbubis, die Unscheinbaren und Farblosen. Ohne Rosa keine Babys. Und im Hochland Boliviens – so tut sich die Zahnarzt-Zeitschrift wichtig – gibt es den See Laguna Colorada. Das Nahrungsangebot für Flamingos ist dort so gut, dass der ganze See durch seine Flamingos leuchtend rosa sogar aus dem Weltall zu sehen ist.
Und ach wie wünschte ich, ich – die ich dem Schöpfer der Flamingos Glauben schenke – würde mein Innerstes ebenso mit seinen Worten vollstopfen. Mir den Mund nicht verbieten lassen, meine Augen ans Licht hängen und seine Güte an jeder Ecke in mich aufsaugen. Und ich wünschte wirklich, ich und wir Gotteskinder würden ebenso strahlen, unsere Welt in leuchtende Farben tauchen und selbst außerhalb unsere vier Wände zu erkennen sein. Oder gerne auch noch vom Weltall aus.
Der Arzt wäre dann soweit.
Und draußen – sehe ich nach hinten gekippt auf meinem Stuhl – fliegt gemächlich eine kleine rosa Wolke vorbei. Als würde Gott amüsiert zu meinen rosaroten Gedanken lächeln. Wäre ich nicht beim Zahnarzt, wäre mir der Mund offen stehen geblieben.
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